Der Kopf von Kriss Dalmi schlägt hart gegen die marode Wand auf. Dabei bröckelt auch ein wenig Putz von ihr ab, der in einer Mischung aus Staub und Sand auf den Parkettboden regnet. Als er seinen Kopf von der Wand löst, erkennt man auf seiner Stirn deutlich die offenen Wunden. Anscheinend hat der Serbe nicht bloß einmal seinen Kopf gegen einen harten Widerstand geschlagen. Schmerzerfüllt schreit der Junkie die Wand an und lehnt seinen blutenden Kopf gegen eben diese.

Kriss: „Ich kann sie nicht kontrollieren! DIESE SCHMERZEN!!!! ICH KANN ES NICHT!!!!!“

Mia: „Kriss, was ist los mit dir? Sprich mit mir!!!“

Kriss: „Halt die Fresse! Halt einfach deine Fresse, du wertlose Schlampe!!!!!!“

Wieder hämmert der Belgrader unablässig mit seinen vom Blut inzwischen schon dunkelrot gefärbten Fäusten gegen die Wand. Er versucht das tausendfache Stechen in seinem Kopf durch diese Schmerzen an anderer Stelle zu kompensieren, doch die Leiden hinter seiner Stirn wollen nicht verschwinden. Kriss Dalmis grauenhaftes Brüllen hallt durch den gesamten Gebäudekomplex und lässt Mia ängstlich zusammenzucken.

Kriss: „Ich brauche MEHR!!!!“

Schreiend und gegen seinen Kopf boxend, taumelt der Drogenabhängige durch das Zimmer, hin zu einem an der Wand hängenden Vitrinenschränkchen, dessen vergilbter, weißer Holzlack an mehreren Stellen schon abblättert. Gewaltsam reißt er die Tür auf, so dass diese fast schon aus den Angeln fällt, greift rein und fischt eine schwarze, zusammengewickelte Plastiktüte heraus. Mit dieser unter dem Arm, lässt er sich auf die fleckige Matratze in der Mitte des Raumes fallen und reißt die Tüte hastig auf. Zum Vorschein kommen mehrere Ampullen deren Inhalt eine blaue, leicht fluoreszierende Flüssigkeit ist. AstroHappy. Mia weiß, was nun folgt. Der Führer der J.W.O. zerrt eilig seinen Gürtel an seinem Oberarm fest, schnappt sich achtlos eine der zahllosen, benutzten Spritzen auf dem Boden, öffnet mit zittrigen Händen eine der Ampullen, taucht die Nadel ins Blau und beginnt die Spritze aufzuziehen. Doch je weiter der Plastikkolben hinten herausragt, desto größer werden auch Mias vor Schreck geweitete Augen. Der Junkie sticht sich in den Arm.

Mia: „KRISS, DAS IST ZU VIEL!!!! HÖR AUF DAMIT!!!!!“

Strauchelnd hastet sie zum Serben, greift nach der Spritze, die Kriss Dalmi mit seiner Faust umschlossen hat und die immer mehr AstroHappy in seine Venen spült. Bevor sie die Spritze jedoch erreichen kann, wird sie von einem plötzlichen Schlag des Serben zurückgeschleudert. Die Wucht dieses Schlages lässt die Blondine kreischend auf den knarrenden Parkettboden krachen. Mit Fassungslosigkeit starrt sie zu ihrem Gegenüber und hält sich ihre schmerzende Wange. Kriss Dalmi, der Führer der J.W.O., hat den Spritzenkolben komplett durchgedrückt. Die ganze Dosis der Droge AstroHappy, deren infernalische Wirkung ihrem Namen diametral gegenüber steht, pulsiert nun durch den Blutkreislauf des Serben.

Mia Löwe, jene Frau, die sich von ihrem damaligen Liebhaber, dem Sondershausener Superstar Strong Olli abwandte und sich freiwillig in die geistige Sklaverei unter Kriss Dalmi begab, um ihre Sucht nach AstroHappy zu befriedigen, fehlen noch immer die Worte. Nicht etwa weil er sie gerade schlug – ohnehin behandelte dieses Schwein sie bloß wie Dreck, was sie akzeptierte, solange er sie nur mit AstroHappy versorgte –, sondern aus dem einfachen Grund, dass er sich tatsächlich mehr als die doppelte Dosis dieses flüssigen Dämons injizierte. Hat der Wahnsinnige hiermit also die letzte Grenze überschritten? War das der berühmte goldene Schuss?

Kriss Dalmi sinkt mit einem seligen Lächeln in die schäbige Matratze und mustert seufzend die unregelmäßig über die Zimmerdecke verteilten Schwarzschimmelflecken. Seine Atmung verlangsamt sich zunehmends und seine Gesichtszüge wirken nun komplett entspannt. Außer dem regelmäßigen Auf- und Absenken seiner Brust, erinnert jedoch nichts daran, dass er noch in dieser Welt verweilt.

Mia: „Kriss?“

Keine Reaktion des Serben. Nur seine Augen flackern nervös. Einige Minuten des gemeinsamen Schweigens verstreichen, als die Stille von einem leisen Kichern unterbrochen wird.

Mia: „Kriss!!!“

Zusammenhangslose, unkontrollierte Lachanfälle waren bei dem Führer der J.W.O. bei Weitem nichts Außergewöhnliches. Die unsagbar vielen verschiedenen Drogen, die der Belgrader Zeit seines Lebens konsumierte, verhielten sich im Bezug auf seine geistige Gesundheit wie ein Schwarm ausgehungerter Ratten. Doch dieses Kichern, dieses unheimliche Kichern, denkt Mia in diesem Augenblick, ist anders. Ein Zucken durchfährt Kriss Dalmis Körper, das geisteskranke Kichern mausert sich immer mehr zu einem widerwertig heiseren Lachen.

Mia: „KRISS!!!!!!“

Kriss: „heheheheheHAHAHAHAHAHA!!! …. …. …… ….. hehehe… ich habe die Welt gesehen, sie überall gesehen!!! Städte, Moloche… sie alle zerfallen zu Staub…… ….. zu STAUB!!!!!!!“

Angsterfüllt blickt die blonde Frau zu dem vor ihr liegenden epileptisch zuckenden Körper. Feine Schaumbläschen bilden sich an den Mundwinkeln des wahnsinnig gackernden Dealers.

Kriss: „Ruinen…Vergangenheit …. hihihihihi Freiheit vor den Toren, vor ihren TOREN!!!!!!! … ….. hahahahaha…. Ich…. .. hihi habe…. jenseits der Ruinen …… ein alles in sich vereinendes…. …… MUAHAHAHAAHAAAAA!!!!! SIE IST UNENDLICH… UNENDLICH!!!!!!!!“