Ein Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Köln sorgt für Wirbel in der Filesharing-Szene. Die Richter legten erstmals eine Art Verfallsdatum für Inhalte fest: Nach 6 Monaten seien diese kommerziell nicht mehr relevant, eine Urheberechtsverletzung daher nicht schwerwiegend genug, um die Herausgabe der Adressdaten durch den Provider zu rechtfertigen. Dennoch ist das Urteil mit großer Vorsicht zu genießen.

Musik und DVDs, die älter als 6 Monate sind, seien "kommerziell nicht mehr von Bedeutung", so die Richter des OLG Köln. Nach dieser Abverkaufsphase sei die Rechtsverletzung, also der Download, somit nicht mehr schwerwiegend genug, um die Herausgabe der Adresse eines Filesharers durch den Provider, die über die IP-Adresse eindeutig zugeordnet werden kann, einzufordern. Denn für einen solchen tiefen Eingriff ins Telekommunikationsgeheimnis muss von einem "gewerblichen Ausmaß" der Urheberrechtsverletzung ausgegangen werden.


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Freie Fahrt für Filesharer?
Das klingt zunächst nach guten Nachrichten vor allem für diejenigen Tauschbörsen-Nutzer, die im Internet nach älteren Alben und Filmen suchen, die im freien Handel nicht mehr erhältlich sind. Freie Fahrt für Filesharer also? Nicht ganz. Rechtsanwalt Dr. Stefan Söder von der Kanzlei Prof. Schweizer rät zur Vorsicht - schließlich gelte der Beschluss nur für das OLG Köln: "Der Beschluss ist nicht für andere Fälle verbindlich. Er gilt nicht für andere Provider in anderen Gerichtsbezirken. Andere Oberlandesgerichte können jederzeit anders entscheiden. Und da wird es auf die Auslegung des Begriffs 'gewerbliches Ausmaß' ankommen. Insofern bietet der Beschluss keinerlei Sicherheit."

Abmahnwelle eindämmen
Grund für den richterlichen Beschluss ist die Welle an Abmahnungen, die seit einigen Monaten durch Deutschland rollt. Immer mehr Anwälte schießen sich auf das Spezialgebiet Filesharing ein, weil es sprudelnde Einnahmen bei vergleichsweise geringem Aufwand verspricht. Gerade die Richter am Gerichtsstand Köln hatten in der Vergangenheit alle Hände voll zu tun: Im Zuständigkeitsbereich des OLG liegt der Firmensitz der Telekom Deutschland. Der Beschluss soll dabei helfen, die momentane Verfahrensflut einzudämmen.

CHIP Online meint:
Der Beschluss klingt zunächst sensationell - er bedeutet aber keinesfalls, dass Filesharing jetzt zulässig ist. Das 6-monatige "Verfallsdatum" der Inhalte gilt auch nur im Standardfall. Im Einzelfall kann jederzeit anders entschieden werde, zum Beispiel wenn ein Popalbum nach 10 Monaten noch immer in den Charts ist. Und für Hörspiele, Hörbücher und Bücher gelten sowieso andere gewerbliche Verwertungszeiträume. (ry)

Quelle: Chip.de