Es ist ein großer Triumph die USK: Trotz massivem Druck aus der Politik hat die Prüfungsinstanz für Spiele ihre Unabhängigkeit gewahrt und Dead Space 2 ohne Auflagen freigegeben. Vorausgegangen war eine bislang einmalige Einmischung eines bayerischen Ministeriums.
In der Theorie ist das deutsche Verfahren zur Festlegung der Altersfreigabe bei Spielen relativ simpel: Zunächst überprüft die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) im Auftrag des Spiele-Herstellers einen Titel und vergibt anschließend in der überwiegenden Zahl aller Fälle ein Rating zwischen "Freigegeben ab 0 Jahren“ und "Keine Jugendfreigabe“. Letzteres bedeutet, dass ein Spiel an jede Person über 18 Jahren im regulären Handel verkauft werden darf und von der BPjM nicht mehr indiziert werden kann. Doch genau damit schien die bayerischen Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Christine Haderthauer (CSU), ein Problem zu haben.
Das Ministerium hatte nämlich im Fall von Dead Space 2 erstmalig in der Geschichte der USK das sogenannte Appellationsverfahren eingefordert. Dieser Schritt bedeutete, dass die eigentlich schon erteilte "ab 18" Freigabe für die ungeschnittene deutsche Version erneut von der USK überprüft werden musste.
Dabei schien es dem Ministerium völlig egal zu sein, dass die USK den Titel selbst insgesamt fünf Mal überprüft hatte, bevor abschließend die entsprechende Freigabe erteilt wurde. Am gestrigen Donnerstag fand nun die sechste Überprüfung von Dead Space 2 statt und anders als viele erwartet hatten, knickte die USK nicht ein.
Sie erneuerte Ihr ursprüngliches Urteil, womit das Spiel nun in der deutschen Fassung ohne weitere Einschnitte erscheinen kann. Die deutsche Fassung von Dead Space 2 ist im Singleplayer Modus inhaltsgleich mit der internationalen Version, also komplett ungeschnitten. Im Multiplayer-Modus hingegen wurde aus nicht näher genannten Gründen schon vor der USK-Prüfung das "Friendly Fire" entfernt. Dieser eher harmlose Eingriff dürfte aber leicht zu verschmerzen sein.
Dennoch ist die erneute Überprüfung von Dead Space 2 für deutsche Spieler nicht ohne Konsequenzen geblieben: Auf Grund des zusätzlichen Prüfungs-Termins kann das internationale Release-Datum 27.01.2011 von Electronic Arts Deutschland nicht mehr eingehalten werden. Das Spiel wird daher hierzulande eine Woche später, am 03. Februar 2011, erscheinen.
Gegenüber CHIP Online zeigte sich das Staatsministerium von der Entscheidung der USK tief enttäuscht und kündigte an, das aktuelle Prüfungsverfahren in Frage zu stellen: "Durch die jetzige Entscheidung ist keine Abstimmung der USK mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien mehr möglich, obwohl im bisherigen Verfahren eine Reihe fachkundiger Gutachter das Spiel als indizierungswürdig bewertet hatten und im Jugendschutzgesetz für Zweifelsfälle eine enge Abstimmung vorgesehen ist. Bayern wird sich deshalb auf Bundesebene für Verbesserungen im Bereich des USK-Verfahrens einsetzen, damit künftig eine Prüfung durch die Bundesprüfstelle auch dann möglich ist, wenn vorher schon eine Alterskennzeichnung durch die USK erfolgt ist."
CHIP Online meint:
Das eigentlich so sympathische und fortschrittliche Bayern zeigt sich hier von seiner reaktionären Seite. Der Wunsch, Spiele nach erfolgter USK-Prüfung noch einmal durch die BPjM prüfen zu lassen, ist nämlich nichts weiter als die Forderung nach einer Rückkehr zur Jugendschutz-Regelung aus dem letzten Jahrtausend.
Im April 2003 wurde der deutsche Jugendmedienschutz-Staatsvertrag unter dem Eindruck des erst wenige Wochen zurückliegenden furchtbaren Amoklaufs von Erfurt grundlegend novelliert. Seit diesem Zeitpunkt besteht die Regelung, dass Spiele nach einer Freigabe durch die USK nicht mehr von der BPjM indiziert werden können. Diese Regelung hat sich seitdem tausendfach bewährt und wurde selbst von der BPjM bei unserem Ortsbesuch nicht in Frage gestellt.
Und da die Obersten Landesjugendbehörden gemeinsam mit den die USK tragenden Wirtschaftsverbänden der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle gerade erst durch eine Neufassung der Grundsätze (tritt zum 01.02.2011 in Kraft) den Rücken gestärkt haben, dürfte man in Berlin der Brise heißer Luft aus Bayern sicherlich recht gelassen entgegensehen. (cel)
Quelle: Chip.de