Das "Netz der Zukunft für die Gigabit-Gesellschaft" sei ein Technologie-Mix von Funk, Kupfer und Glas, versuchte der Technische Geschäftsführer der Telekom, Bruno Jacobfeuerborn, heute in einem Fachpresse-Gespräch dem vom Telekom-Vorstandschef geprägten Begriff der "Gigabit-Gesellschaft" etwas Farbe zu geben. Unter diesem Titel hatte René Obermann im März als Teil seiner neuen Unternehmensstrategie angekündigt, bis Ende 2012 bis zu zehn Prozent der bundesdeutschen Haushalte an die Glasfaser anschließen zu wollen.
In Sachen Funk werde der UMTS/HSPA-Zugang bis zum Ende des Jahres auf 21 Mbit/s und im kommenden Jahr auf 42 Mbit/s aufgerüstet, sagte Jacobfeuerborn, – pro Funkzelle. HSPA sowie das System der "Digitalen Dividende" – LTE 800 mit 50 Mbit/s pro Funkzelle – sind die Techniken für die "Weissen Flecken", mit denen die Telekom ab April "Call & Surf via Funk" exklusiv in den Gebieten ohne DSL-Versorgung mit Datenraten von bis 3 Mbit/s im Downlink und bis zu 500 kbit/s im Uplink als schnellen Festnetz-Ersatz anbieten will. Wo dies aufgrund der Leitungslängen und Ausbaugebiete möglich sei, bieten ADSL2/2+ bis zu 16 Mbit/s und VDSL bis zu 50-Mbit/s auf den Anschlüssen. Nach dem VDSL-Ausbau in 50 Städten seien inzwischen etwa 10,5 Millionen Haushalte mit der VDSL-Technik erreichbar.
Mit VDSL-25 könne man einen HD-Kanal anschauen und nebenbei im Internet surfen und auch noch telefonieren, erläuterte Jacobfeuerborn – "eigentlich reicht das heute normalerweise aus". Wenn man die tatsächliche Nutzung der DSL-Anschlüsse betrachte, gäbe es noch genügend Reserven. Mit VDSL "sind wir noch lange nicht an unsere Limits gekommen". Natürlich werde die Entwicklung in den nächsten Jahren weitergehen, von heute standardmäßig 16 auf 25 und darüber hinaus vielleicht auf 50 Mbit/s, aber hinsichtlich 100 Mbit/s, "da bin ich mir noch nicht sicher, wann wir das tatsächlich brauchen".
Von den Bitraten her betrachtet, kommt nur die Glasfaser in die Nähe der "Gigabit-Gesellschaft", doch die Verlegung in Gebäude oder einzelne Haushalte – Fiber-to-the-Building (FTTB) oder Fiber to the Home (FTTH) – geht die Telekom langsam an. Man wolle erst testen und Erfahrungen sammeln, "ist der Glasfaser-Ausbau in der Bundesrepublik Deutschland möglich, und wenn ja, unter welchen Bedingungen" erklärte Jacobfeuerborn.
Anfang des Monats hatte die Telekom ein Pilotprojekt in der brandenburgischen Kleinstadt Hennigsdorf gestartet; dort sollen die Bauarbeiten im Frühjahr abgeschlossen sein, sodass im Sommer die ersten "Friendly User"-Tests folgen können. Reguläre Breitband-Produkte über die Glasfaser-Anschlüsse sollen ab 2012 angeboten werden. Der Start eines weiteren Projektes in Braunschweig ist in der zweiten Dezemberwoche vorgesehen. Die Gebäudeanschlüsse würden zunächst mit 100 Mbit/s beschaltet und sobald es mit der Faser weiter in die Haushalte geht, auf ein bis zwei Gigabit aufgerüstet.
Der Telekom-Manager ließ durchblicken, dass man noch keine Vermarktungsstrategie gefunden habe. Man könne nicht einfach bei den Hauseigentümern klingeln und fragen, ob man mit der Glasfaser ins Haus dürfe. "Wir haben das mal versucht"; das Ergebnis sei "ein einstelliger Prozentsatz" von Hausbesitzern gewesen, die ihre Einwilligung gegeben hätten. Im Nachbarland Holland setze Regge Fiber viel auf Mundpropaganda und in Portugal gingen die Anbieter etwas rabiater vor, indem sie die Eigentümer kurzfristig anschreiben; wenn nicht innerhalb von 14 Tagen widersprochen wurde, rücken die Bautrupps an. Es gäbe halt verschiedene Möglichkeiten der Vorvermarktung, meinte Jacobfeuerborn. Man könne auch erst bauen und dann vermarkten – "das sind halt Dinge, die man ausprobieren muss". (Richard Sietmann) / (vbr)
Quelle: Heise.de