Die Werbemilliarden im Internet fließen bislang überwiegend in klassische Formen wie Suchmaschinen- und Bannerwerbung. Auf der Kölner Fachmesse dmexco wird am Mittwoch und Donnerstag aber schon die Zukunft sichtbar: Online-Werbung wird mobil und location based, also auf den Ort des Nutzers bezogen. Außerdem will Online-Werbung die Kundschaft zu Fans von Marken und Moden machen, die im Sozialen Netzwerk die Konsumbotschaft in ihrem Bekanntenkreis verbreiten.
Mehr als 50 Prozent der Online-Werbebudgets fließen derzeit in das Suchmaschinen-Marketing von Google und Co., also in das Geschäft mit der bevorzugten Platzierung von Suchbegriffen. Danach folgen Werbeflächen auf Webseiten mit einem Anteil von 30 Prozent. "Die Suche ist für unser Werbegeschäft sehr wichtig", bestätigt Terry von Bibra, Deutschland-Chef von Yahoo. Dabei hat sich sein Unternehmen inzwischen mit Microsoft zusammengetan, die Suchmaschine Bing erledigt in den USA schon jetzt die Suchanfragen bei Yahoo, ab 2011 wird dies auch in Deutschland umgesetzt. "Ein ganz wichtiger Teil ist aber auch unsere Startseite, in die wir viel investiert haben", erklärt der Geschäftsführer. So sei die Nutzung von yahoo.de binnen Jahresfrist um 300 Prozent gestiegen. Um eine möglichst hohe Reichweite des Portals zu erreichen, werden die aktuellen Inhalte laut Bibra kontinuierlich an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst: "Das Interesse an Information und Unterhaltung ist enorm gestiegen."
"Die klassische Werbeform "Banner" hat noch lange nicht ausgedient", sagt der Vorstand der United Internet Media AG, Matthias Ehrlich, der unter anderem für das Werbegeschäft mit den Webmail- Diensten GMX und web.de verantwortlich ist. "Sowohl bei Display- Flächen mit statischer Werbung als auch bei solchen, auf denen Bewegtbilder ausgespielt wird, gibt es im Augenblick einen richtigen Boom."
Video-Werbung ist ein wichtiger Trend auf der dmexco. Daneben geht es um Werbung, die mit Location Based Services ganz gezielt dort platziert wird, wo sich die gewünschte Zielgruppe gerade aufhält. Das geht am besten auf dem Handy und anderen mobilen Geräten. So entwickelt die Hamburger Agenturgruppe pilot interaktive Werbung für das iPad, die zum Spielen einlädt: Der Tablet-Computer muss geschüttelt werden, um Mosaikfelder zu neuen Motiven zusammenzusetzen, die für das Angebot eines Bekleidungsunternehmens werben.
Ähnlich wie FourSquare in den USA will friendticker.de in Deutschland Werbewirtschaft und Internet-Nutzer zusammenführen. "Der Hauptunterschied ist, dass wir ein sehr flexibles Tool für Werbekampagnen entwickelt haben", erklärt der Gründer und Geschäftsführer Florian Resatsch. So können Werbekunden angeben, dass ein Nutzer innerhalb einer bestimmten Zeit mehrere Male an einem Ort "einchecken" muss, damit er eine Gutschrift oder eine andere Belohnung bekommt. Zurzeit befindet sich die Anwendung mit Apps für iPhone und Android noch in der Testphase, ab Oktober wird es dann ernst, "und bis Jahresende wollen wir 100 größere Partner auf der Plattform haben".
Der wohl meistgenannte Begriff der Branche ist das "Targeting" (Zielen): Werbung soll nur ihre Zielgruppe erreichen, Streuverluste sollen vermieden werden. "Behavioural Targeting nutzt im Wesentlichen das anonymisiert in Cookies hinterlegte Verhalten von Onlinern auf einer Website zur Auslieferung von Werbung", erklärt Ehrlich zu einem dieser Konzepte. Die Cookies verraten, für welche Webseiten und Angebote sich ein Nutzer besonders interessiert. Daneben gibt es das "Predictive Targeting", das auf der Hochrechnung verschiedenster Daten beruht, die von Nutzern anonym erhoben werden. "Damit kann man zielgerichtete Werbung wesentlich genauer aussteuern", so Ehrlich.
Soziale Netzwerke wie Facebook überwinden die verbreitete Abwehrhaltung von Nutzern, wie sie im Einsatz von Werbeblockern zum Ausdruck kommt. Mit einem Klick auf "Gefällt mir" werden die Mitglieder solcher Portale zu aktiven Werbeträgern. Wer einmal zum Fan einer Marke geworden ist, trägt die Werbebotschaft bei seinen Freunden und Bekannten besonders überzeugend weiter. "Es gibt zu Werbung immer unterschiedliche Meinungen, auch Werbeblocker bleiben ein Thema", meint Ehrlich. "Wenn Werbung informativ ist und hilft, im knapper werdenden Zeitbudget die richtige Konsumentscheidung zu treffen, dann erfüllt Werbung eine sinnvolle Funktion." (Peter Zschunke, dpa) / (jk)
Quelle: Heise.de