Das Schweizerische Bundesgericht hat der in Steinhausen ansässigen Logistep AG verboten, im Auftrag von Massenabmahnern automatisiert IP-Adressen von Tauschbörsennutzern zu erheben (Az. 1C 285/2009). Damit entsprach das oberste Schweizer Gericht einem Antrag des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) Hanspeter Thür. Dieser hatte gefordert, die Logistep AG müsse "die von ihr praktizierte Datenbearbeitung (inklusive der Weitergabe an die Urheberrechtsinhaber) unverzüglich einstellen".
Logistep begibt sich seit 2005 im Auftrag von Urheberrechtsinhabern auf die Suche nach Rechteverletzern in P2P-Tauschbörsennetzen wie eDonkey. Das Unternehmen hat die Methode des massenhaften Protokollierens von IP-Adressen zwecks Täterenttarnung als Erstes im großen Stil praktiziert. Mittlerweile hat diese Art der Privatermittlung jede Menge Nachahmer gefunden. Mit einem modifizierten Tauschbörsen-Programm klappern die Unternehmen Tauschbörsen nach bestimmten Dateiangeboten ab und dokumentieren die Funde mit der IP-Adresse, einem Zeitstempel und dem Hash-Wert der Datei.
EDÖB Hanspeter Thür ist diese Datenerhebung seit 2008 ein Dorn im Auge. Er gelangte zum Schluss, dass die "Bearbeitungsmethoden der Logistep AG geeignet seien, die Persönlichkeit einer grösseren Anzahl von Personen zu verletzen". Es gebe in der Schweiz keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die zivilrechtliche Nutzung der erhobenen Daten.
Im Januar 2008 hatte seine Behörde dem Unternehmen zunächst schriftlich empfohlen, die weitere Verarbeitung der fraglichen Daten bis zu einer Klärung der Rechtslage einzustellen. Logistep hatte das zurückgewiesen, woraufhin der EDÖB das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung anrief. Die Richter wiesen das Begehr der Datenschützer zurück. Daraufhin wandte sich Thür an das Schweizerische Bundesgericht als zweite Instanz.
Am heutigen Vormittag nun beriet sich das Gericht öffentlich zu dem Fall. Mit drei gegen zwei Stimmen kamen die Richter schließlich der Empfehlung des EDÖB nach. Die Geschäftstätigkeit der Logistep AG sei nicht mit dem schweizerischen Datenschutzrecht vereinbar, hieß es. Die Interessen der Internetnutzer auf Schutz ihrer Persönlichkeit überwiegen der mündlichen Urteilsbegründung zufolge gegenüber dem Interesse der Urheberrechtsinhaber auf straf- und zivilrechtliche Verfolgung der Rechtsverletzer. Eine schriftliche Begründung des Gerichts steht noch aus.
In einer ersten Stellungnahme monierte Logistep-Vorstand Richard M. Schneider die Entscheidung und verband das Urteil mit einer Aufforderung an den Staat: "In der Schweiz ist die Arbeit, die die Firma Logistep bisher verrichtet hat, zwar Privatunternehmen künftig untersagt, das bedeutet aber aus unserer Sicht, dass nun Behörden mit den gleichen technischen Mitteln diese Arbeit übernehmen müssen. Andernfalls droht eine massive und unkontrollierte illegale Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte in der Schweiz, die so zu einer Art rechtsfreiem Raum wird." Indirekt künigte er außerdem einen Wegzug des Unternehmens an: "Für die Logistep AG ist es unproblematisch, ihre Arbeit an einem anderen Standort wie gehabt fortzusetzen." (hob)
Quelle: Heise.de