Paul Allen war eigentlich bislang als Microsoft-Mitgründer, Investor und Mäzen bekannt. Nun scheint er sich auf den ersten Blick auch unter die Patent-Trolle begeben zu wollen, Patentinhaber also, die oft recht allgemein gefasste und per Patent geschützte Techniken nicht selbst einsetzen, aber Lizenzgebühren für sie eintreiben. Allen verklagt unter anderem Google, Apple, Facebook, Yahoo, eBay und AOL, da sie Patente verletzt hätten, die Techniken für das Anzeigen und die Verwaltung von Texten, Audiodateien und Videos für Webuser schützten.
Immerhin unterscheidet Allen eines Patent-Trollen: Die von ihm ins Feld geführten Patente wurden von Forschern in Allens inzwischen nicht mehr existierender Entwicklungsfirma Interval Research Corp. entwickelt. Allen selbst ist nicht der Erfinder, ist aber im Besitz der Patente. Die von ihm ins Feld geführten Patente wurden Interval Research zugesprochen und später auf Interval Licensing übertragen, einer Allen gehörenden Patentlizenzierungsfirma. Auf Unterschiede zu Patent-Trollen hebt Allens Sprecher David Postman auch ab, wenn er betont, Interval habe hart gearbeitet, um in den Patenten geschützten Techniken zur Marktreife zu bringen, indem man "neue Firmen gegründet, Vereinbarungen zum Technologietransfer geschlossen und patentierte Technik verkauft habe". Die Klage sei notwendig, um die Investitionen in Innovation zu schützen: "Wir machen keine Patente geltend, die andere Firmen eingebracht haben, noch kaufen wir Patente auf, die an jemand anderen vergeben wurden. Alle Patente wurden von und für Interval entwickelt."
In der Klage führt Interval Licensing vier Patente an: 6,263,507 (Browser for use in navigating a body of information, with particular application to browsing information represented by audiovisual data), 6,034,652 (Attention manager for occupying the peripheral attention of a person in the vicinity of a display device ), 6,788,314 (Attention manager for occupying the peripheral attention of a person in the vicinity of a display device) und 6,757,682 (Alerting users to items of current interest). Diese Patente seien grundlegend für die Arbeitsweise heutiger E-Commerce-Firmen und Suchmaschinen, betonte Postman in seiner Erklärung zu der Klage.
Dass Paul Allen hier nicht als Patent-Troll auftritt, wie sein Sprecher betonte, sehen die verklagten Firmen nicht ganz so. Google erklärte beispielsweise, der Rechtsstreit zeige einen bedauerlichen Trend auf, dass immer mehr versucht werde, Konkurrenz vor Gericht statt im Markt auszutragen. Facebook erklärte etwas deutlicher, die Klage entbehre jeder Grundlage und man werde sich entschieden dagegen verteidigen.
Nicht verklagt wurde übrigens Microsoft. An dem weltgrößten Softwarekonzern, den Allen zusammen mit Bill Gates gegründet hatte, hält Allen immer noch einen großen Anteil. Inwieweit Microsoft bereits Lizenzvereinbarungen mit Interval Licensing über die in der Klage aufgeführten Patente geschlossen hat, ist derzeit nicht bekannt. Von den verklagten Firmen (die teilweise nicht gegen alle, sondern nur gegen einzelne aufgeführte Patente verstoßen haben sollen) fordert Allen Schadenersatz in nicht beziffertem Umfang; außerdem soll das Gericht Maßnahmen festlegen, damit die Verklagten die Patente künftig nicht weiter verletzen. (jk)
Quelle: Heise.de