Wer zukünftig im Internet einkauft, Geld überweist, Behördengänge erledigt oder andere Geschäft abwickelt, soll sich nach dem Willen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter zuvor bei einer staatlichen Stelle registrieren lassen, sagte der BDK-Vorsitzende Klaus Jansen in einem Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung. Diese Forderung gehört zu einem Sofortprogramm, mit dem der Verband gegen Internetkriminalität vorgehen will und das er der Bundesregierung vorgelegt hat.
Jansen fordert auch "Verkehrsregeln" für das Internet, da sonst das Gewaltmonopol des Staates auf dem Spiel stünde. Das Internet sei mittlerweile der größte Tatort der Welt, doch die Politik verharre in einer Zuschauerrolle: "Kompetenzgerangel, Unvermögen und Blauäugigkeit führen zu unfassbarem Politik-Versagen." Für die Kriminalbeamten gäbe es keine klaren gesetzlichen Befugnisse, die offene und verdeckte Ermittlungen etwa in sozialen Netzwerken regeln. Der BDK fordert zudem das Recht, als digitaler Kammerjäger Viren, Trojaner und andere Schadprogramme von gekaperten Rechnern zu entfernen. "Gegenwärtig gibt es hier eine riesige rechtliche Grauzone", kritisierte Jansen weiter.
Zu den Forderungen des Verbandes gehört auch der Aufbau von Spezialeinheiten für die Bekämpfung von Computerkriminalität. Laut BDK seien aktuell nur ein Prozent der 260.000 Polizisten für Ermittlungen im Internet ausgebildet, ein neues Berufsbild des Computerkriminalisten mit spezieller Ausbildung sei daher dringend erforderlich. Unverzichtbar seien weiterhin Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften für Netz-Kriminalität und ein nationales Internet-Zentrum beim Bundeskriminalamt, das die Ermittlungen koordiniert und täglich Lagebilder erstellt.
Nach Ansicht des BDK-Chefs könnten sich Attacken auf die digitale Infrastruktur des Landes ähnlich verheerend auswirken wie atomare Angriffe. Daher sei ein "Reset-Knopf" nötig, über den sich die landesweiten Netze im Ernstfall vom Internet abklemmen ließen: "Nur so lässt sich eine laufende Attacke schnell stoppen", meint Jansen.
Peter Piksa, Blogger und Mitarbeiter bei einem Anti-Malware-Hersteller, hat sich einige der BDK-Forderungen genauer angeschaut und beim BDK nachgefragt: Unter den Befugnissen für offene und verdeckte Ermittlungen im Internet und besonders in sozialen Netzwerken stellt sich danach der BDK eine Art digitales Hausdurchsuchungsrecht vor, das es Kriminalbeamten gestattet, auf die privaten Inhalte eines Studi-VZ- oder Facebook-Zugangs zuzugreifen. Besonders unverständlich sind für Piksa die BDK-Forderungen nach den "Ermächtigungsnormen für die Entfernung von Malware, Trojanern und Viren", denn selbst ausgesprochene Profis hätten bei heutiger Schadsoftware Schwierigkeiten, solche Programme zu entfernen. Schadsoftware aus der Ferne zu beseitigen hält er schlicht für eine Illusion. Nach der von Piksa zitierten Aussage des BDK steckt hinter der Forderung die Idee, dass man Zugriff auf alle Rechner bekomme.
Gegenüber der dpa erklärte unterdessen Jürgen Schmökel, Direktor des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt, dass in dem Bundesland immer mehr Straftaten über das Internet begangen werden: "Von 2008 auf 2009 hatten wir bei der Computerkriminalität eine Steigerungsrate von 13,7 Prozent." Mehr Delikte gebe es vor allem beim Ausspähen von Kontodaten. Beim Computerbetrug habe sich die Schadenshöhe von 253.000 Euro auf etwa 500.000 Euro verdoppelt.
Bei den Betrugsfällen via Internet laufe viel über falsche Identitäten, so Schmökel. Die Täter erschleichen Zugangsnamen und Passwörter und schlagen daraus einen kriminellen Gewinn. Das Internet gewinnt bei der Gesamtzahl aller Betrugsfälle im Land immer mehr an Bedeutung. "Mittlerweile wird jede fünfte Betrugstat mit dem Tatmittel Internet begangen", fügte der LKA-Direktor hinzu. Schmökel appelliert ferner an die Nutzer, immer aktuelle Schutzsoftware zu installieren und gefährliche Bereiche des Internets zu meiden: "Das ist wie mit den dunklen Gassen in irgendwelchen verrufenen Vierteln. Da gehe ich, wenn es dunkel wird, auch nicht mehr hin." (dpa) / (rek)
Quelle: Heise.de