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Thema: Neuregelung des Jugendmedienschutzes wackelt

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    Neuregelung des Jugendmedienschutzes wackelt

    Medienpolitiker der CDU/CSU-Fraktion auf Länderebene stehen der heftig umkämpften Neufassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) ablehnend gegenüber. Die Arbeitsgruppe Medien der Großen Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Union habe vergangene Woche bei einem Treffen in Frankfurt beschlossen, dass die Novellierung "nicht weiter verfolgt werden soll", erklärte der Medienexperte der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Christian Goiny, am heutigen Montag gegenüber heise online. Die Vorlage der Ministerpräsidenten der Länder sei noch einmal "zu überarbeiten". Das Vorhaben solle dafür zunächst in der vor Kurzem eingerichteten Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" des Bundestags mit den darin versammelten Experten besprochen werden, da dort der Jugendschutz einen Schwerpunkt bilde.

    Anwesend bei der Fraktionsrunde waren Vertreter aus Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Schleswig-Holstein. Die Kritik sei in diesem Kreis von neun der 16 Bundesländer einstimmig gewesen, berichtete Goiny. Man habe herausgestellt, dass die Neuregelung keine wesentliche Verbesserung des Jugendmedienschutzes mit sich brächte. Im Gegenzug könnten sich im Raum stehende Pflichten zur "Vorab-Überwachung" für Inhalte- und Zugangsanbieter schädlich auf den Wirtschaftsstandort auswirken.

    Die Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Marlies Konle-Gros, wies parallel darauf hin , dass eine gemeinsame Positionierung aller Unionsmedienpolitiker der Länder nicht erfolgt sei. Auch Heiko Strohmann, medienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in Bremen, betonte, dass die Interessen für die Abgabe einer offiziellen gemeinsamen Stellungnahme zu unterschiedlich seien.

    Laut Goiny hat sich auch bereits die große Koalition von CDU und SPD in Mecklenburg-Vorpommern bereits auf eine vergleichbare Linie wie die Mehrheit der Unionsmedienpolitiker der Länder ausgerichtet. Zudem gebe es vor allem in Hamburg und im Saarland, wo die Grünen und teils auch die Liberalen mit an der Macht sind, heftige Widerstände gegen das Vorhaben. Die für Anfang Juni geplante endgültige Absegnung des Vorhabens durch die Ministerpräsidenten der Länder ist damit ins Wanken geraten, da der JMStV einstimmig angenommen werden müsste. Um das "Nein" nicht zu deutlich zu formulieren und die Länderchefs nicht vor den Kopf zu stoßen, wird die Einbeziehung der Enquete-Kommission und damit des Bundestags derzeit vielfach als Kompromissansatz ins Spiel gebracht.

    Bei der grundsätzlichen Einigung der Ministerpräsidentenkonferenz Ende März auf die Novellierung hatten Bremen, Hamburg, Hessens, das Saarland und Schleswig-Holstein bereits eine zusätzliche Protokollerklärung abgegeben. Darin unterstreichen sie, dass "die technische Umsetzung von Jugendschutzmaßnahmen nicht dazu führen darf, dass anderweitige Schutzvorkehrungen verpflichtend vorgeschrieben werden". Weiter halten sie fest, "dass die Kontrollpflichten von Anbietern für fremde Inhalte, auch im Rahmen von Foren und Blogs, durch diesen Staatsvertrag nicht erweitert werden" sollen. Kernansatz der Überarbeitung des Regelwerks ist es, eine Kennzeichnung für Online-Inhalte einzuführen und Erziehungsberechtigten über Jugendschutzprogramme Filtermöglichkeiten an die Hand zu geben. Dafür müssten Inhalteanbieter ihre Webauftritte, so diese weiter auch für Jugendliche erreichbar sein sollten, aber erst Seite für Seite bewerten und mit Altersfreigaben versehen.

    Im Berliner Abgeordnetenhaus brachten bei einer Anhörung im April neben Sachverständigen auch Vertreter fast aller Fraktionen schwere Bedenken gegen die Initiative vor. Bloggern oder Forenanbietern würden die gleichen Maßgaben auferlegt wie großen Content-Produzenten, hieß es damals. Eine Vertreterin der mitregierenden Linken sprach offen von einer "Farce". Derzeit halte dem Rahmenwerk nur noch die SPD-Fraktion halbherzig die Stange, meinte Goiny, um die Landesregierung nicht im Regen stehen zu lassen. Auch diese stehe aber nicht geschlossen hinter den Plänen. Generell sei es ein "Novum, dass sich in den Parlamenten so deutlicher Widerstand gegen einen Staatsvertrag regt". Vertreter von Selbstkontrolleinrichtungen, staatlicher Aufsichtsbehörden und etwa Hersteller von Online-Spielen werben dagegen nach wie vor für die Reform, da von dem angestrebten System mit der Stärkung der Eigenverantwortung der Anbieter eine große "Liberalisierung" ausgehe.

    Quelle: Heise.de

  2. #2
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    Nur noch kleine Korrekturen bei Reform des Jugendmedienschutzes

    Die Rundfunkkommission der Länder hat sich darauf verständigt, nur noch kleine Korrekturen am umkämpften Entwurf für die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) vorzunehmen. Dies berichtete die Berliner Staatssekretärin Monika Helbig am heutigen Mittwoch im Medienausschuss des Abgeordnetenhauses der Hauptstadt. Es habe "noch etwas Bewegung gegeben", erklärte die in der Senatskanzlei tätige SPD-Politikerin. Im Gegensatz zu den bisherigen Planungen sei im Einklang mit dem Jugendschutzgesetz des Bundes nur noch eine Alterskennzeichnung für Online-Spiele und Videos vorgesehen.

    Derzeit prüft die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) Computerspiele auf Trägermedien wie DVDs, für Filme ist die Freiwillige Selbstkontrolle Filmwirtschaft FSK) zuständig. Gestrichen werden soll laut Helbig der Halbsatz in Paragraf 5 Absatz 4 des Entwurfs (PDF-Datei), wonach hier auch von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ein Kennzeichen vergeben werden könnte.

    Das System der Altersfreigabe solle vereinfacht und vereinheitlicht werden. Die Evaluierungsfrist soll von vier auf drei Jahre verkürzt werden; eine erneute Novellierung könnte so bereits 2013 vorbereitet werden. Nach Ansicht der Staatssekretärin gehe der Senat gemeinsam mit den Rundfunkreferenten der Länder davon aus, "dass das jetzt konsensfähig ist". Ob in der Abstimmung Mitte kommender Woche dann auch "die CDU-geführten Länder mitgehen", werde sich "erst am Schluss zeigen". Die Arbeitsgruppe Medien der Großen Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Union hatte Mitte Mai beschlossen, dass die Neufassung des JMStV nicht weiter verfolgt werden solle. Das Vorhaben sei vielmehr zunächst in der neuen Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" des Bundestags zu besprechen.

    Die Rundfunkkommission hat damit die umfassenden Einwände gegen die Novellierung nur teilweise aufgegriffen. Die Sorgen des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), es drohe eine "Kennzeichen-Inflation" etwa bei Browser-Games, dürften zwar nun vom Tisch sein. Dagegen fand die Kritik aus Landesparlamenten an Kernpunkten wie einer Alterskennzeichnung für alle Online-Inhalte und Filtermöglichkeiten für Erziehungsberechtigte kein Gehör. Bloggern oder Forenanbietern würden die gleichen Maßgaben auferlegt wie großen Content-Produzenten, hatten Medienpolitiker des Berliner Abgeordnetenhauses im April bemängelt. Die Einwände seien praktisch verworfen worden, da sie in der Kommission nicht als mehrheitsfähig gegolten hätten, erklärte Helbig.

    Bei den Volksvertretern im Berliner Abgeordnetenhaus, das sich als eines der ersten Landesparlamente mit der Novellierung befasst, kam diese Linie nicht gut an. "Die zentralen Punkte aus den Anhörungen sind überhaupt nicht in die Nachverhandlungen eingegangen", monierte Anja Schillhaneck für die Grünen. Die Nachbesserung "stellt uns überhaupt nicht zufrieden". Der medienpolitische Sprecher der CDU, Christian Goiny, hielt die Kernpunkte ebenfalls weiterhin für "ungeklärt". Er fände es "bedauerlich", wenn die Medienstadt Berlin zustimmen und dadurch ein falsches Signal setzen würde. Goiny appellierte an die Länderchefs, die Entscheidung zu vertagen. Andernfalls sollen die Abgeordneten der Reform nicht zustimmen, weil das System der Staatsverträge generell für eine stärkere parlamentarische Beteiligung geöffnet werden müsse. Die FDP-Politikerin Sylvia von Stieglitz betonte, das Ergebnis der Nachverhandlungen widerspiegle nicht das, "was wir auf den Weg bringen wollten". Der Jugendmedienschutz müsse dem Internet gerecht werden. Frank Zimmermann erklärte dagegen für die SPD-Fraktion, dass immer ein Kompromiss zwischen 16 Bundesländern hergestellt werden müsse. Gabriele Heller von der mitregierenden Linksfraktion sagte, es gebe keine zeitliche Not, die Novellierung "übers Knie zu brechen".

    Die federführende Staatskanzlei Rheinland-Pfalz warnt derweil in einer Erklärung (PDF-Datei) vor einem Scheitern der Reform, da damit der Status quo "für mindestens drei weitere Jahre" beibehalten würde "ohne die durch die Evaluierung erreichbaren Verbesserungen". In die Beratungen seien "sämtliche betroffene Institutionen im Bereich Jugendschutz und Wirtschaft einbezogen" gewesen. In "intensiven Verhandlungen" habe man einen "breiten Konsens" gefunden, der wiederum auf "breite Akzeptanz" stoße. Die Kritik gegen das Vorhaben sei dagegen "sachlich unzutreffend". Kennzeichnungen für Webseiten stellten eine "zusätzliche Option" dar, eine Zensurinfrastruktur werde nicht aufgebaut. (Stefan Krempl) / (anw)

    Quelle: Heise.de

  3. #3
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    Ministerin warnt vor Aktionismus bei Jugendschutz

    Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat vor gesetzgeberischem Aktionismus beim Schutz der Jugend vor "Killerspielen" und Pornografie im Internet gewarnt. "Jugendmedienschutz darf nicht auf staatliche Regelungen reduziert werden", sagte die Ministerin am Freitag laut dpa zur Eröffnung einer Fachtagung der Universität Bayreuth. Wichtiger sei es, die Medienkompetenz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu stärken. Dies könne aber nicht durch Zensur oder das Sperren von gefährlichen Inhalten im Netz erreicht werden.

    Die Ministerin bekräftigte die Absicht der Bundesregierung, eine private Stiftung Datenschutz zu gründen. Darin sollten Medienanbieter, Behörden und Bildungsträger gemeinsam Projekte zum Eigendatenschutz und zur besseren Aufklärung entwickeln. "Vielen Nutzern sind die Missbrauchsmöglichkeiten im Internet noch nicht bekannt", betonte Leutheusser-Schnarrenberger.

    Nachholbedarf gibt es ihren Angaben zufolge beim Vollzug gesetzlicher Regelungen. So werde die Möglichkeit, verbotene Inhalte im Internet zu löschen, von den Strafverfolgungsbehörden erst seit wenigen Monaten intensiv betrieben. Die zuständige Abteilung des Bundeskriminalamtes müsse personell deutlich aufgestockt werden.

    Kritik übte die FDP-Politikerin an der RTL-II-Sendung "Tatort Internet". Dort werde den Zuschauern in irreführender Weise suggeriert, dass es Lücken im Gesetz gebe. Phänomene wie das Cyber Grooming, die sexuelle Bloßstellung oder Anmache im Internet, seien bereits jetzt strafbar. Leutheusser-Schnarrenberger beklagte, dass in der Sendung Täter an den Pranger gestellt und gleichzeitig den Behörden Informationen vorenthalten würden, wie dies etwa im Fall des Leiters des "Goldenen Kinderdorfs" in Würzburg geschehen sei.

    Heute um 17.30 Uhr findet in Bayreuth eine Podiumsdiskussion zum Thema "Jugendmedienschutz im Internet – Kinderporno-Sperren, Netzpolizei oder was?" statt. Sie wird auch live im Internet übertragen (Real Media). Als Diskussionsteilnehmer sind angesagt der Bundesvorsitzende der Piratenpartei, Jens Seipenbusch; der CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl; Verena Weigand, Jugendschutzreferentin der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien; Guido Brinkel, Bereichsleiter für Medienpolitik beim Bitkom und Arnd Haller, Jugendschutzbeauftragter bei Google. (anw)

    Quelle: Heise.de

  4. #4
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    Novellierung des Jugendmedienschutzes kippt

    Am 1. Januar 2011 soll nach dem Willen fast aller Bundesländer der neue Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) in Kraft treten (aktueller Bericht von c't). Die umstrittene Neuregelung für den Jugendschutz im Web hat aber auch rund zwei Wochen davor noch immer nicht alle parlamentarischen Hürden genommen. Eigentlich sollte das Formsache sein, doch funkte die CDU-Fraktion des Landtags Nordrhein-Westfalen (NRW) heute eventuell folgenschwer dazwischen.

    Am Nachmittag hat die CDU-Fraktion einstimmig beschlossen, gegen den JMStV zu stimmen, wie heise online aus internen Kreisen bestätigt wurde. Sollte die CDU diese Linie bei der tatsächlichen Abstimmung am 16. Dezember im Landtag beibehalten, ist wahrscheinlich, dass damit die Neuregelung des Internet-Jugendschutzes komplett kippt. Die anderen Oppositionsparteien im NRW-Landesparlament, also die FDP und die Linken, hatten bereits angekündigt, gegen den JMStV stimmen zu wollen. Und die Minderheitsregierung von SPD und Grünen ist sich nach wie vor uneins. Eine Mehrheit von CDU, FDP und Linken würde bereits genügen, um ein Nein aus NRW zum JMStV zu senden.

    Formal betrachtet sind Staatsverträge Übereinkünfte der Bundesländer mit Gesetzescharakter. Änderungen wie die beim JMStV müssen zunächst von den Regierungschefs der Länder und anschließend von jedem einzelnen Länderparlament gebilligt werden. Diese Hürden hat der Änderungsstaatsvertrag im laufenden Jahr 2010 fast vollständig passiert. Am heutigen Dienstag haben die Länderparlamente von Sachsen und Bayern mehrheitlich zugestimmt. Am morgigen 15. Dezember sind die Parlamente im Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg an der Reihe. Am Donnerstag schließlich geben mit Schleswig-Holstein und NRW die letzten beiden Länder dem JMStV ihren Segen. Nur NRW steht dabei nach Expertenmeinung auf der Kippe.

    Die Novellierung des JMStV gilt als umstritten, weil sie de facto eine Klassifizierungspflicht für jeden Website-Betreiber vorsieht. Wer seine Inhalte im Web nicht daraufhin überprüft, ob sie gemäß den aus dem Filmbereich bekannten Altersfreigaben (ab 0, 6, 12, 16 und 18 Jahren) "entwicklungsbeeinträchtigende" Wirkung entfalten könnten, riskiert ab 1. Januar 2011, juristisch belangt zu werden. Denn falls er tatsächlich derlei Content vorhält, müsste er dem neuen JMStV zufolge entweder den Zugang dazu für Jugendliche erschwerden, den Content nur nachts abrufbar halten oder ihn gemäß einer noch zu veröffentlichenden Spezifikation kennzeichnen.

    [Update]:
    "Das ist ein Stück aus dem politischen Absurdistan", sagte NRW-Regierungssprecher Thomas Breustedt gegenüber dpa. Immerhin trage der Vertragsentwurf bereits die Unterschrift des früheren Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU). Am heutigen Mittwoch sollen die Gespräche der Fraktionen fortgesetzt werden. SPD und Grüne verfügen im Landtag über 90 Stimmen, CDU, FDP und Linke zusammen über 91. In den CDU-Reihen werden am Donnerstag aber zwei Abgeordnete fehlen, berichtete die Süddeutsche Zeitung -- unter anderem Rüttgers. "Man kann sich durch politische Flucht entziehen – nicht aber seiner politischen Verantwortung", kommentierte Breustedt die Kehrtwende der CDU.

    [2. Update]:
    Die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag will nun auch gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag stimmen, erklärte der Aachener SPD-Ratsherr Michael Servos über Twitter. Damit wäre der Vertrag erst einmal vom Tisch, da er in NRW keine Mehrheit gefunden hätte. Die endgültige Abstimmung im Düsseldorfer Landtag findet aber erst am morgigen Donnerstag statt.

    [3. Update]:
    Trotz inhaltlicher Bedenken wären die rot-grünen Koalitionsfraktionen "aus staatspolitischer Verantwortung" bereit gewesen, dem Staatsvertrag zuzustimmen, hieß es laut dpa aus der SPD-Fraktion. Nachdem sich nun aber selbst "die Verursacher" von dem Vertragswerk distanzierten, seien SPD und Grüne nicht bereit, allein zuzustimmen. Im Laufe des Vormittags wollen SPD und Grüne Näheres zu ihren Entscheidungen bekannt geben.

    [4. Update]:
    Die Machtspielchen um die Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) in Nordrhein-Westfalen sind wohl nun tatsächlich vorbei: Nachdem sich überraschend die CDU-Fraktion zu einer Ablehnung des JMStV erklärt hatte, will auch die rot-grüne Minderheitsregierung nicht mehr mitmachen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erklärte, die rot-grüne Minderheitsregierung werde für einen Vertrag, gegen den sie ohnehin Bedenken habe, nicht ihren Kopf hinhalten: In einer gemeinsamen Pressekonferenz kündigten die SPD und die Grünen in Nordrhein-Westfalen ganz offiziell an, dass sie im Düsseldorfer Landtag den novellierten Jugendmedienschutzstaatsvertrag ablehnen werden. Von den Grünen hieß es nun, ihre fachlichen Bedenken wegen Rechtsunsicherheit und fehlender Software hätten sich bestätigt. Zuvor waren besonders die Grünen sehr unter Beschuss geraten, nachdem die Landtagsfraktion noch im November erklärt hatte, man sei weiterhin gegen den JMStV, "die Fraktion hat sich aufgrund parlamentarischer Zwänge anders entschlossen".

    Mit der nunmehrigen Ablehnung der JMStV-Novelle verbinden die beiden Parteien die Ankündigung, es werde im kommenden Jahr gleich eine rot-grüne Initiative für "verbesserten, aber wirkungsvollen Jugendschutz" geben. Da würden allerdings nicht nur etwa der Arbeitskreis gegen Zensur, sondern auch manche Juristen eine etwas grundlegendere Herangehensweise befürworten: Nach Meinung etwa des IT-Rechtlers Thomas Stadler gehört der Jugendmedienschutz "generell auf den Prüfstand". Zumindest einige Stimmen aus den Parteien lassen auf ähnliche Ansichten schließen. So meinte etwa der SPD-Netzpolitiker Björn Böhning zu der Ablehnung der JMStV-Novelle durch seine NRW-Kollegen, jetzt gelte es umzudenken: "Nicht einfach weitermachen, sondern zurück auf Los! Der JMSTV muss insgesamt neu gedacht werden. Jugendmedienschutz, so wie er bisher im Rundfunk praktiziert wurde, kann in dieser Form nicht pauschal auf das Internet übertragen werden."

    Alvar Freude vom AK Zensur meinte, "für uns und die 'Netzgemeinde' bedeutet dies, dass Netzpolitik von den Parteien ernst genommen wird und die Bedenken und Hinweise der Experten angekommen sind". Man sei auch weiterhin bereit, sich konstruktiv an einer "Weiterentwicklung von Jugendschutz und Netzpolitik" zu beteiligen, insbesondere "an der dringend notwendigen und sinnvollen Reform des JMStV". Endgültig entschieden über das Schicksal der JMStV-Novelle wird am morgigen Donnerstag: Dann findet die Abstimmung im Plenum des Landtags von Nordrhein-Westfalen statt. In den kommenden Wochen und Monaten wird es dann spannend werden, wie die Politik künftig an Jugendschutz im Internet herangeht – und wie sich Bürgerrechtler und Netzaktivisten dazu verhalten. (Holger Bleich, Jürgen Kuri) / (hob)

    Quelle: Heise.de

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