Fast jeder Haushalt mit Internet-Anschluss hat heutzutage ein kabelloses Netzwerk aufgebaut, doch längst nicht jeder WLAN Access Point ist auch per Passwort oder MAC-Adressen-Filter geschützt. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte nun, wie die rechtliche Situation aussieht, wenn ein solch offener Hotspot missbraucht wurde.

Als habe man bewusst bis zur Beginn des ökumenischen Kirchentages gewartet, verkündeten die Karlsruher Bundesrichter heute ein geradezu salomonisches Urteil: Sie sprachen den Besitzer eines WLAN zwar einerseits nicht frei von Schuld, öffneten andererseits aber auch nicht Schadenersatz-Klagen Tür und Tor.

In dem jetzt entschiedenen Fall hatte die Plattenfirma 3P des Musikers und Geschäftsmannes Moses Pelham (unter anderem Gründer der DigiProtect GmbH) gegen den Inhaber eines Internet-Anschlusses geklagt. Der Anschluss-Inhaber hatte ein offenes WLAN betrieben, mit Hilfe dessen eine unbekannte dritte Person während seines Urlaubs nachweislich einen Song von 3P in einem Filesharing-Netzwerk verbreitete. 3P hatte von dem Anschluss-Inhaber daraufhin die Abgabe einer Unterlassungs-Erklärung, Schadensersatz und die Übernahme der Abmahn-Kosten gefordert.

Während in erster Instanz zu Gunsten von 3P entschieden wurde, bekam in nächster Instanz der Beklagte Recht. Der BGH urteilte nun abschließend: "Privatpersonen können auf Unterlassung, nicht dagegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird."

Zudem wiesen die Richter auf die hohen Kosten der Abmahnung durch 3P hin. Auch wenn der Paragraph 97a des Urheberrechtsgesetzes zum Zeitpunkt der Abmahnung noch nicht galt, verwies das Gericht darauf, dass dieser bei allen zukünftigen Streitfällen dieser Art zur Anwendung komme: "Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro."

CHIP Online meint:
Der Bundesgerichtshof sorgt in einem seit längerem schwelenden Streit nun endgültig für Rechtssicherheit und stärkt dabei insbesondere die Rechte der Netzwerk-Besitzer. Zwar sind sie dafür verantwortlich, ihr Netzwerk gegen Missbrauch abzusichern, können jedoch darüber hinaus im Missbrauchs-Fall nicht für Schadensersatz-Forderungen haftbar gemacht werden. Auch die Pflicht zur Absicherung wird sehr verbraucherfreundlich definiert: "Dem privaten Betreiber eines WLAN-Netzes kann jedoch nicht zugemutet werden, ihre Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Ihre Prüfpflicht bezieht sich daher auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen."

Konkret bedeutet dies: Wer sein Netzwerk mit gängigen Methoden wie WPA2-Verschlüsselung plus einem nicht zu erratenden Passwort oder einem MAC-Adressen-Filter schützt, genießt Rechtssicherheit für den Fall eines Missbrauchs durch Dritte. Wer hingegen ein offenes WLAN betreibt, kann als sogenannter Störer durch Rechte-Inhaber wie 3P zur Unterlassung aufgefordert werden. Die Kosten für eine derartige Abmahnung dürfen allerdings 100 Euro nicht übersteigen.

Während das Urteil also für die private Nutzung eines WLAN ein hohes Maß an Rechtssicherheit bringt, steht noch nicht fest, welche Auswirkungen es auf Initiativen haben wird, die offene Netzwerke etablieren und/oder betreiben, um Dritten kostenlosen Internet-Zugang zu ermöglichen. Insbesondere in den Großstädten ist diese Kostenlos-Kultur bereits weit verbreitet. In wie fern solche Netzwerke von dem Urteil betroffen sind, wird sich wohl erst sagen lassen, wenn in einigen Wochen die ausführliche, schriftliche Begründung vorliegt. (cel)

Quelle: Chip.de