Bislang war Facebook eine relativ geschlossene Veranstaltung: Man musste die Homepage des Netzes aufsuchen, um die Funktionen des Dienstes zu nutzen. Facebook stellt zwar auch bisher bereits Smartphone-Apps bereit, um auf Inhalte des Dienstes zuzugreifen, und über APIs konnten Client-Anwendungen wie TweetDeck zum Beispiel den Aktivitätenstrom seines Nutzers auslesen. Die Wege, wie die Inhalte des Netzwerks zum Benutzer (und zu Facebook zurück) kamen, waren aber bisher weitgehend unter dessen Kontrolle.
Das könnte sich mit den Neuerungen, die Facebook auf seiner Entwicklerkonferenz f8 vorgestellt hat, drastisch ändern. Dort hat Facebook Mittel präsentiert, mit denen jeder Site-Betreiber personalisierte Facebook-Inhalte auf seinen Seiten anbieten kann - und die das Potenzial haben, Facebook zu einem allgegenwärtigen Beobachter seiner Nutzer im gesamten Web werden zu lassen.
So können die Betreiber eines Web-Shops mit Social Plugins auf ihren Produktseiten zum Beispiel einen eigenen "Like"-Button einbetten -- eine Facebook-Funktion, mit der Benutzer signalisieren können, dass sie etwas mögen. Facebook-Nutzer, die den Shop aufsuchen, kann der Shop-Betreiber dann gezielt diejenigen Produkte anzeigen, die seine Freunde aus Facebook mögen.
Der Aktivitätenstrom der Facebook-Freunde dürfte Nutzern jetzt häufiger an verschiedenen Stellen im Web begegnen. Vergrößern
Bild: Facebook Im Gegenzug können Facebook-Nutzer jetzt auch ganz normale Webseiten zu ihrem sozalen Graphen hinzufügen, sofern die Betreiber der Seiten diese für das sogenannte Open Graph Protocol vorbereitet haben. Dann sollen solche Seiten auch in Facebook-Benutzerprofilen, in Suchergebnissen und Newsfeeds auftauchen. Mit einer überarbeiteten Graph-API sollen Entwickler wesentlich einfacher Anwendungen stricken können, die auf dem sozialen Graph der Nutzer aufbauen. Als neuer Standard für die Authentifizierung kommt OAuth zum Einsatz. Es soll das alte System ablösen.
Wie sich die Neuerungen im einzelnen auswirken werden, bleibt abzuwarten. Für Website-Betreiber erscheinen sie sehr attraktiv: Wer will schon auf Mehrwertfunktionen für die riesige Facebook-Gemeinde verzichten, die darüber hinaus noch interessante Einblicke in das Benutzerverhalten bieten? Facebook preist die Social Plugins offen mit seinem Web-Analytics-Tool Insights an, mit dem Werbetreibende das Benutzerverhalten analysieren können.
Darüber hinaus wird sich kaum ein Website-Verantwortlicher die Chance nehmen lassen, mit seinen Seiten via Open Graph in der Facebook-Suchergebnissen aufzutauchen. Zum Start erwartet Facebook, dass 75 Sites Social Plugins anbieten, darunter das Wall Street Journal und Microsoft mit seiner Onlineversion von Office, docs.com.
Das als Datenkrake kritisierte Facebook wird mit den neuen Funktionen die Datenschutz-Diskussionen neu anheizen. Denn mit den Social Plugins sammelt Facebook noch wesentlich mehr Informationen über seine Nutzer. Egal, ob sie "Like"-Knöpfe klicken oder nicht: Facebook bekommt jetzt häufig mit, welche Websites seine Nutzer besuchen und wie oft. (jo)
Quelle: Heise.de