Vor rund zwei Monaten sorgte ein bis dahin unvorstellbarer Bruch der Privatsphäre international für viel Aufsehen: Eine amerikanische Schule nutzte die Webcams der Schul-Laptops, um ihre Schüler auch außerhalb des Schulgeländes zu überwachen. Jetzt läuft ein Verfahren gegen die Schule, das offenbart, dass das Ausmaß noch weitaus schlimmer als angenommen ist.

Der beispiellose Fall wurde bekannt, als ein Schüler eine Abmahnung wegen "ungebührlichen Verhaltens" erhielt. Der Schulleiter präsentierte als Beweisbild für die Verfehlungen des Jungen einen Screenshot, der das Kind in seinem Elternhaus zeigte. Aufgenommen wurde das Bild mit Hilfe der im Laptop verbauten Webcam - denn die kann offenbar vom Schulpersonal über das Internet aktiviert werden.

Verständlicherweise erstatteten die Eltern des 15-jährigen Schülers Anzeige gegen die Schule. Wie im Rahmen des Prozesses jetzt bekannt wurde, stellte die Polizei bei ihrer Beweissicherung mehr als 400 Bilder sicher, die den Jungen außerhalb des Schulgeländes zeigen. Viele der Bilder wurden offenbar aufgenommen, während er schlief oder mindestens teilweise entkleidet war. Auch von anderen Schülern sollen mehrere Tausend Fotos ohne ihr Wissen angefertigt worden sein.

Für die zwei IT-Mitarbeiter der Schule scheint all dies ein großer Spaß gewesen zu sein. Die Polizei sicherte Mails, in denen es unter anderem hieß: "Das ist wie eine kleine Seifenoper" – "Ich weiß, ich liebe es!" Neben Fotos mit der Webcam sollen die Mitarbeiter auch Screenshots von Chats der Jugendlichen angefertigt haben.

Die Verteidigung der Schule argumentiert, dass man die Webcam eingeschaltet habe, um den Laptop zu lokalisieren, da der Schüler, die jährliche Versicherungsgebühr von 55 Dollar nicht bezahlt habe. Man habe überprüfen wollen, ob der Laptop gestohlen worden sei. Die Staatsanwaltschaft hält dagegen, dass es nichts Ungewöhnliches sei, dass ein Schüler die Gebühr mal vergesse – man hätte ihn auch darauf hinweisen können, statt ihn auszuspionieren. Zudem konnte die Verteidigung nicht erklären, warum der Junge mehr als zwei Wochen beobachtet und schließlich wegen "ungebührlichen Verhaltens" in seinem eigenen Zimmer abgemahnt wurde, ohne dass er jemals auf die ausstehende Zahlung hingewiesen wurde.

In den nächsten Wochen will das Gericht entscheiden, ob dem Jungen Schadensersatz zusteht und wie die Schule künftig mit ihren mehr als 2.300 MacBooks umzugehen hat. (cel)

Quelle: Chip.de