Von Martina Züger

Nach den Studentenprotesten versprachen alle NRW-Universitäten Verbesserungen. Am Montag (12.04.10) beginnt das Sommersemester - aber verbessert hat sich bislang nur wenig. Erst 2011 erwarten Experten deutliche Veränderungen.

"Zum Sommersemester werden überall erste Verbesserungen spürbar", versprach Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) im März. Nach den Studentenprotesten machten alle 14 NRW-Universitäten den "Bologna-Check": Acht von ihnen wollen im Sommersemester weniger Prüfungen verlangen, darunter die Universitäten in Münster und Bielefeld, die RWTH Aachen und die TU Dortmund. Sechs Hochschulen wollen zusätzlich auch die Menge an Lernstoff reduzieren.

Weniger Anwesenheitspflicht

Der Senat der Uni Köln zum Beispiel beschloss, Vorlesungen von der Anwesenheitspflicht zu befreien. Bei anderen Veranstaltungen, wie Seminaren, sollen die Fakultäten mehr Offenheit walten lassen. "Wir müssen das richtige Maß zwischen Struktur und Freiheit finden. Das fällt uns nicht leicht, weil die Universität so groß und das Studienangebot so divers ist", sagt Thomas Kaul, Vorsitzender der Kommission für Lehre und Studium. Manche Studiengänge entrümpeln ihr Lehrangebot, andere nicht.
Zudem bleibt es weiterhin schwierig, Auslandsaufenthalte ins Studium einzubauen.

Keine unmittelbaren Veränderungen

Andere Universitäten tun sich selbst mit kleinen Nachbesserungen schwer. "Wir dürfen jetzt keinen Schnellschuss machen. Einige Reformen sind auf dem Weg, aber zum neuen Semester wird es keine unmittelbaren Veränderungen geben", sagt Marcus Breyer, Referent des Prorektors für Studium, Lehre und Studienreform an der Universität Bonn. Gleich zu Beginn des Semesters sprechen die Mitarbeiter in Gremien und Fakultätsräten über die Anwesenheitspflicht. Jedoch könne man Prüfungsordnungen nicht einfach im laufenden Betrieb ändern. Zudem ergab der Bologna-Check: Innerhalb der Studentenschaft schwanken die Meinungen enorm. "Der kontinuierliche Prüfungsdruck wird zum Beispiel sehr unterschiedlich wahrgenommen: Einige Studenten stresst er, andere motiviert er", so Breyer.

Asta wirft Unis Verzögerungstaktik vor

Der Bonner Asta (Allgemeiner Studierendenausschuss) hingegen kritisiert seine Uni massiv. "Der Bologna-Check ist eine Verzögerungstaktik: Jetzt wird ewig evaluiert und nichts passiert. Andere Universitäten zeigen, dass es schneller geht", sagt Asta-Mitglied Niklas Beckmann. Der 23-jährige Student der Politikwissenschaft ist enttäuscht. Bereits zu Beginn der Studienreform hätten die Studierenden nur wenige Mitspracherechte gehabt. "Alle Gremien und Fakultätsräte sind nur zu einem Viertel mit Studenten besetzt. Die Professoren stellen immer die Mehrheit und können uns leicht überstimmen", so Beckmann. Die Uni Bonn schließt die Bestandsaufnahme der Studiengänge im laufenden Sommersemester ab, Änderungen erwartet sie frühestens 2011. Beckmann erklärt die Hintergründe: Die Bachelor- und Masterstudiengänge müssen nach fünf Jahren erneut zugelassen werden, für Bonn fällt dieser Prozess vor allem 2011 an. "Für die Unis ist bequemer erst dann Studien- und Prüfungsordnungen anzupassen."

Akkreditierungsrat gibt Fehler zu

Zuständig für die Zulassung von Bachelor- und Masterstudiengängen ist der Akkreditierungsrat in Bonn, der pro Jahr deutschlandweit etwa 1000 Studiengänge zulässt. Und der zeigt Einsicht. "Unter den Studiengängen, die wir in den vergangenen Jahren akkreditiert haben, sind sicherlich einige, die wir heute nicht mehr positiv begutachten würden. Das müssen wir selbstkritisch zugeben", sagt Achim Hopbach, Geschäftsführer der Akkreditierungsrates. Das Akkreditierungssystem und die neuen Studiengänge seien parallel eingeführt worden: "Weder die Hochschulen noch die Begutachter hatten Erfahrungen mit Bachelor und Master."

Hauptursache für Prüfungslast und Stofffülle sei die falsch verstandene Modularisierung. "Die Hochschulen haben zu wenige Veranstaltungen zu Modulen zusammengefasst. Das führte zu einer starken Zersplitterung und eben vielen Prüfungen." In Zukunft achte man auf größer angelegte Module, in denen nicht für jede Veranstaltung eine Prüfung abgelegt werden muss. "Bei der Reakkrediterung müssen wir die Chance nutzen und alle Mängel beheben."

Quelle: WDR.de