Brüssel arbeitet an Empfehlungen zur besseren Zusammenarbeit von Strafverfolgern und Providern beim Kampf gegen die Verbreitung rechtswidriger Inhalte wie Kinderpornographie im Internet. Ein erster Entwurf (PDF-Datei) für den Vorstoß ist der "European Digital Rights"-Initiative (EDRi) zugespielt worden, die ihn im Netz veröffentlicht hat. An den prinzipiellen Haftungsregeln für Internetanbieter soll sich demnach nichts ändern. Eine Verpflichtung für Provider, aktiv nach Belegen für den Missbrauch ihrer Dienste für kriminelle Zwecke zu suchen, ist nicht vorgesehen. Sie sollen aber rascher auf Hinweise von Strafverfolgern, Beschwerde-Hotlines oder auch von Bürgern auf entsprechende inkriminierte Inhalte reagieren.

Konkret malt das EU-Papier verschiedene Szenarien für das schnelle Löschen einschlägiger Bilder und Texte aus. Den Anforderungen von Polizeibehörden zum Stopp laufender Uploads oder zur Verhinderung des Zugangs sei an erster Stelle nachzukommen. Dafür habe eine rechtliche Verfügung oder eine andere formale Anordnung der Strafverfolger auszureichen. Die bezeichneten Inhalte sollen die Provider innerhalb eines "angemessenen" Zeitfensters nach einem erfolgten Hinweis entfernen. Andernfalls habe der Anbieter innerhalb von zwei Tagen Gründe vorzubringen, wieso er von der Rechtmäßigkeit der beanstandeten Dateien ausgehe.

Das gleiche Verfahren schlägt der Entwurf bei Meldungen von Beschwerdestellen oder anderen Einrichtungen vor, die auf Basis nationaler Gesetze Internetinhalte überwachen dürfen. Auch bei Hinweisen aus der Bevölkerung sollte gelöscht werden, so diese "keine Zweifel über die Rechtswidrigkeit" des beanstandeten Content ließen. Über entsprechende Aktionen seien in Folge Hotlines oder Strafverfolgungsbehörden zu unterrichten. Sollten die gemeldeten Inhalte als legal angesehen werden, seien die Hinweise zunächst an die zuständigen Beschwerdeeinrichtungen oder die Polizei zu übermitteln. Den Providern wird es gemäß dem Papier freigestellt, ob sie ihre Kunden über die Verpflichtungen aufklären, gegebenenfalls Inhalte sperren oder Datenübertragungen unterbinden zu müssen.

Die EU-Kommission hat Interessenvertreter der Internetwirtschaft, zivilgesellschaftliche Organisationen und Ermittlungsbehörden eingeladen, um mit ihnen am 23. April in Brüssel auf einer Konferenz über den Vorschlag sowie andere Ansätze zur Bekämpfung illegaler Online-Aktivitäten zu diskutieren. Bei einer ersten Veranstaltung dieser Art im November waren die Beteiligten übereingekommen, ein "freiwilliges Modell" für eine Vereinbarung zur Kooperation zwischen privaten und öffentlichen Stellen zu erarbeiten (PDF-Datei). Von Providerseite war damals moniert worden, dass es bereits eine Reihe von Richtlinien, Empfehlungen und Regulierungsansätzen für den Umgang mit Cybercrime gebe und die Wirtschaft einbezogen sei. Es sei aber ein Mangel an spezialisierten Richtern und Strafverfolgern zu beklagen.

Die jetzt publik gemachten Empfehlungen, die eine Initiative der Kommission auch zum Sperren kinderpornographischer Webseiten offenbar ergänzen sollen, schießen nach Ansicht von Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung übers Ziel hinaus. Der geplante Ansatz, dass "angeblich illegale Inhalte ohne gesetzliche Befugnis oder gar Verpflichtung, ohne vorherige Anhörung des Autors des Inhalte und ohne richterliche Prüfung und Anordnung zu löschen" seien, verstößt nach Ansicht des Juristen "fundamental gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung im Internet". (Stefan Krempl) / (vbr)

Quelle: Heise.de