Nach dem tödlichen Schuss auf einen Polizisten in Anhausen (Kreis Neuwied) am Mittwoch hat das Amtsgericht Koblenz Haftbefehlt gegen einen 43-jährigen "Hells Angel" erlassen. Er hatte auf SEK-Beamte geschossen, die seine Wohnung durchsuchen wollten.Nach Angaben der Staatsanwaltschaft kam der Rocker wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Er soll der Polizei bestätigt haben, dass er mit einer Pistole geschossen hat. Beim Haftrichter machte er allerdings von seinem Schweigerecht Gebrauch. Die Staatsanwaltschaft machte als Mordmerkmale Heimtücke und Verdeckung einer Straftat geltend. Ob der Rocker die Tatwaffe legal besessen hat, wird noch geprüft.


Bei einer Hausdurchsuchung im Rockermilieu ist am Mittwochmorgen ein SEK-Beamter erschossen worden.

Der Tatort: In diesem Wohnhaus lebt der Verdächtige, der Mitglied des Motorradclubs "Hells Angels" ist.

Als ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei die Haustür am frühen Morgen öffnen wollte, schoss der 43-jährige Rocker ohne Vorwarnung durch die Tür. Eine Kugel traf einen Polizisten von der Seite und drang durch den Arm in seinen Oberkörper ein. An dieser Stelle war der Beamte durch seine kugelsichere Weste nicht geschützt.

Der Rocker schoss zweimal auf die Beamten, hier eines der beiden Einschusslöcher in der Wohnungstür. Nach den Schüssen auf die Beamten hat die Polizei das Wohngebiet abgesperrt. Die übrigen SEK-Beamten überwältigten den Schützen und nahmen ihn fest. Gegen ihn wurde Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Die Kutte mit dem Vereinsemblem der Rockergruppe "Hells Angels" im Haus des Rockers. Gegen ihn und vier weitere Verdächtige wird wegen Auseinandersetzungen im Rotlichtmilieu ermittelt.

Ersten Ermittlungen zufolge hatten die SEK-Beamten versucht, von außen die Wohnungstür zu öffnen, als der 43-Jährige Rocker ohne Vorwarnung zwei Schüsse durch die geschlossene Tür abfeuerte. Davon traf zumindest ein Schuss einen der SEK-Beamten. Der getötete Polizist habe seitlich zur Tür gestanden, berichtete der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Hund. Er habe zwar eine Schutzweste getragen, die Kugel sei jedoch durch seinen Arm in den Oberkörper eingedrungen. Der 42-Jährige wurde so schwer verletzt, dass er kurz darauf starb. Das Opfer war ledig. Seine Angehörigen werden von Polizeipsychologen betreut.

Ermittlungen wegen Streits im Rotlichtmilieu


Gegen fünf Verdächtige, darunter zwei "Hells Angels", werde derzeit wegen Auseinandersetzungen im Rotlichtmilieu ermittelt, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Sie sollen Prostituierte unter Drohungen von einem lukrativen Standplatz im vorderen Westerwald vertrieben haben. Durchsuchungen gab es zeitgleich an fünf Orten in Rheinland-Pfalz, im hessischen Hadamar sowie im nordrhein-westfälischen Düren. Auch das Vereinsheim der "Hells Angels" in Neustadt an der Wied wurde durchsucht.

GdP: Schutzwesten haben Schwachstelle


Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Rheinland-Pfalz weisen alle Schutzwesten der Polizei an den Seiten eine Schwachstelle auf. So hätten die Schutzwesten im Bereich der Achselhöhle eine Lücke, damit der Beamte sich in der Weste noch bewegen könne. Zudem könnten die Schutzwesten zum An- und Ausziehen an den Seiten geöffnet werden. Auch dies führe dazu, dass die Weste an der Seite nicht den gleichen Schutz biete.

Laut Innenministerium ist damit erstmals seit 25 Jahren ein Polizist in Rheinland-Pfalz im Dienst getötet worden. Zugleich sei es der erste tödliche Einsatz im Bereich des SEK gewesen, das bei besonders gefährlichen Einsätzen gefragt ist.

Beck spricht Angehörigen Beileid aus


Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erklärte: "Wir trauern um den jungen Polizeibeamten, der heute in Ausübung seines gefährlichen Dienstes erschossen wurde. ... Wir sind in Gedanken bei seinen Angehörigen, Freunden und Kollegen." Der Landtag gedachte in seiner heutigen Sitzung des Toten. Bis zur Beisetzung werden alle Einsatzfahrzeuge der rheinland-pfälzischen Polizei einen Trauerflor tragen, so Innenminister Karl Peter Bruch (SPD).

Bruch für Verbot von Rockergruppen


Im SWR forderte Bruch, schärfer gegen Rockergruppen vorgehen. Gemeinsam mit anderen Bundesländern müsse über ein Verbot solcher Gruppen nachgedacht werden. In Rheinland-Pfalz gebe es bereits erste Überlegungen. Hier seien der Polizei rund 300 Rocker bekannt, die überwacht würden. Die Gefahr durch Rockerbanden sei nicht unterschätzt worden.

Quelle: SWR.de