BKA-Gesetz steht Wackelpartie im Bundesrat bevor
In der Abstimmung über die Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) im Bundesrat, die entweder Ende November oder spätestens Mitte Dezember ansteht, könnte es knapp werden für die große Koalition. Alle Länder, in denen die FDP, die Linken oder die Grünen mit an der Macht sind, wollen sich voraussichtlich enthalten. Dazu zählen das bislang für seine strenge Politik im Bereich innere Sicherheit bekannte Bayern genauso wie die anderen bevölkerungsreichen und stimmgewaltigen Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Aber auch in Rheinland-Pfalz, wo die SPD allein regiert, wachsen die Bedenken gegen die umfassende Ausweitung der Befugnisse der Wiesbadener Polizeibehörde einschließlich einer Lizenz für heimliche Online-Durchsuchungen.
Die derzeitigen Sitzverhältnisse im Bundesrat Vergrößern In Bayern hat das vom Bundestag am Mittwoch mit schwarz-roter Mehrheit beschlossene BKA-Gesetz für Spannungen in der noch jungen Koalition von CSU und FDP geführt. Die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte verkündet, ihre Partei werde sich einer Zustimmung aus München widersetzen. Die Zentralisierung von Ermittlungsmacht beim BKA laufe dem Föderalismus entgegen, die Ausgestaltung von Online-Razzien in dem Bundesprojekt sei untragbar. Der bayerische CSU-Innenminister Joachim Herrmann hält diese Auffassung für falsch, räumt aber ein, dass sich der Freistaat laut Koalitionsvertrag bei einem Nein der Liberalen im Bundesrat zu enthalten habe. In der Berliner Zeitung setzte CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg jetzt empört über das "bockige" Verhalten der FDP nach. Diese solle sich "genau überlegen, ob sie das Thema Terrorabwehr zur parteipolitischen Profilierung nutzen" wolle.
Auch die baden-württembergische CDU/FDP-Landesregierung wird sich in der Länderkammer wohl enthalten. Justizminister Ulrich Goll lehne den verdeckten Zugriff auf IT-Systeme ab, sagte ein Sprecher des FDP-Politikers. Mit dieser Haltung hat sich Goll nun auch im Streit mit seinem CDU-Kollegen im Innenressort, Heribert Rech, um eine eigene Befugnis für heimliche Online-Durchsuchungen der Landespolizei durchgesetzt. Das Thema komme nicht mehr auf den Tisch, erklärte Rech gegenüber dpa. Er müsse damit leben, wenn der Koalitionspartner Nein sage. Es reiche aus, wenn das BKA künftig bei akuter Terrorgefahr den Bundestrojaner einsetzen dürfe. Wenn Ermittlungen nicht ein entsprechendes Kaliber hätten, sodass die Ermittler aus Wiesbaden ins Spiel kämen, sei dies auch kein Fall für das Ausspähen von Festplatten auf Landesebene.
Hamburgs grüner Justizsenator Till Steffen will das BKA-Gesetz ebenfalls nicht mittragen und den CDU-Koalitionspartner so zur Enthaltung zwingen. Der GAL-Politiker sieht die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Eingriff in persönliche Freiheiten der Bürger unzureichend umgesetzt. Der Bundestag wolle sich offensichtlich abermals in Karlsruhe eine blutige Nase holen. Auch auf die Stimmen Bremens kann die Bundesregierung aufgrund der grünen Regierungsbeteiligung in der Hansestadt nicht zählen. Berlin wird sich wegen dem Nein der Linken dem Vernehmen nach auch gegen die Reform stellen.
Insgesamt haben die Länder, die von CDU, SPD oder einer großen Koalition beherrscht werden, mit 35 zu 34 Stimmen nur eine hauchdünne Mehrheit. Da eine Enthaltung faktisch als Nein zählt, ist das BKA-Gesetz so noch nicht in trockenen Tüchern. Denn auch der rheinland-pfälzische SPD-Fraktionschef Jochen Hartloff kritisierte jetzt die Neuregelung scharf. Ein Dorn im Auge ist ihm vor allem die geplante Eilfallregelung bei heimlichen Online-Durchsuchungen, wonach diese bei Gefahr im Verzug der BKA-Präsident auch ohne richterliche Genehmigung anordnen können soll. Angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse dieser Punkt erneut geprüft werden. Als weiterer Wackelkandidat gilt Hessen, da die aktuelle CDU-Regierung keinen Rückhalt im Parlament hat und das Land vor Neuwahlen steht.
Quelle: Heise.de