Erstmals waren deutsche Voice-over-IP-Nutzer (VoIP) von einer Attacke betroffen. Zwischen dem 4. und 10. September gingen bei den Betroffenen zu nachtschlafender Zeit Anrufe von der Rufnummer 5199362832664 ein, teilweise im Stundentakt. Einige Betroffene wandten sich daraufhin an die örtliche Polizei oder stellte gar Strafanzeige. Eine Nachfrage von heise online bei VoIP-Providern ergab, dass die Anrufe in deren Netzen erst einmal nicht registriert worden waren. Der Angriff war offenbar direkt auf die VoIP-Hardware der Kunden gelenkt worden, um vermutlich einen kostenpflichtigen Rückruf der Opfer zu provozieren. Bei fehlerhaften Konfigurationen von Asterisk-Anlagen soll es allerdings zu automatischen Rückrufen gekommen sein.

"Die Belästigung von Kunden durch die Rufnummer ist bekannt, kann aber durch Freenet nicht behoben werden", antwortete der Provider hilfesuchenden Kunden. Der Anzahl der Postings von Freenet-Kunden nach zu schließen, waren diese besonders betroffen. Der Support des Hamburger Providers riet, sich an die Bundesnetzagentur zu wenden, um eine Sperrung der besagten Rufnummer zu erwirken. Die Sperrung im Router oder beim Kundencenter habe dagegen keine Auswirkung. Sperrungen in den Routern der Kunden selbst erbrachten offenbar aber unterschiedliche Ergebnisse, manche hatten anschließend Ruhe. Freenet versuchte, die Kunden in einer Hinsicht zu beruhigen: Das Unternehmen gehe davon aus, dass die Anrufe bislang keinerlei Kosten verursacht hätten.

Der VoIP-Provider Sipgate widersprach der Darstellung, dass es sich bei dem Angriff um eine SPIT-Attacke gehandelt habe, denn die Netze der VoIP-Provider seien "nicht involviert" gewesen. "Betroffen war oder sind vor allem alte VoIP-Geräte", erläuterte ein Sipgate-Sprecher. Der angebliche "Anrufer" habe ein Programm genutzt, das INVITE-Pakete generiert und wahllos an verschiedene IP-Ranges sendet. Die Pakete gingen direkt über den Breitbandanschluss zur VoIP-Hardware der Kunden und umgingen dabei auch etwaige Schutzmechanismen der Providernetze. Neuere VoIP-Hardware erlaube aber auch den Schutz der lokalen Anschlüsse, versicherte der Sipgate-Sprecher. Der VoIP-Anbieter QSC versicherte, es habe keine Beschwerden von Kunden gegeben, da der VoIP-Verkehr über die eigenen Server laufen müsse und gefiltert werde.

Dass Spam via Internet-Telefonie (SPIT) zu einen Problem in VoIP-Netzen werden kann, ist seit Längerem bekannt. Allerdings gab es bislang noch nicht allzu viele Angriffe. Die NEC Laboratories, die sich seit mehreren Jahren mit derartigen Angriffen und deren Abwehr (PDF-Dokument) beschäftigen, haben nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren weltweit 108 Angriffe auf VoIP-Systeme registriert. Der September-Angriff sei nach den Analysen der Forscher aber der erste rein VoIP-bezogene Angriff in Deutschland.

Quelle: Heise.de