Die serbische Regulierungsbehörde RATEL hat Internet Service Provider des Landes angewiesen, ihre Systeme so zu erweitern, dass Polizei und Geheimdienst uneingeschränkten Zugriff auf die elektronische Post ihrer Kunden erhalten. Damit soll offen gelegt werden können, wer E-Mails welchen Inhalts von welchem Standort aus an wen verschickt. Auch IP-Telefonie, P2P-Netze, Instant Messenger und andere Dienste sollen überwacht werden können.
Serbien gilt als einziges Land Europas, in dem es kein Datenschutzgesetz gibt. Kritiker der Anordnung sehen daher dem Missbrauch der erhobenen Daten Tür und Tor geöffnet und warnen, der Schutz der Daten unbeteiligter Dritter sei nicht gewährleistet. Die Vereinigung elektronischer Medien ANEM hat die Regulierungsbehörde aufgefordert, die Anordnung zurückzuziehen und neue Bedingungen für E-Mail-Überwachungen zu definieren, die die Menschenrechte nicht verletzen. Nach der Rechtsauffassung von ANEM verletzt die Anordnung nämlich die serbische Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention. Auch die Verfahrensvorschriften des serbischen Telekommunikationsgesetzes seien bei der Erlassung der Verfügung verletzt worden, da die Marktteilnehmer nicht wie vorgesehen konsultiert worden seien.
Auch von den Providern kommt Kritik: Sie sehen sich nicht in der Lage, die notwendigen technischen Geräte zu beschaffen und zu finanzieren. Sie planen, beim Obersten Gericht eine Klage gegen die Anordnung einzureichen. Ein von heise online kontaktierter serbischer Provider gab an, dass es sich bislang um einen Konflikt zwischen einem anderen großen Provider und den Behörden handle. "Aus politischen Gründen" wolle er sich aber nicht näher äußern.
Aus Sicht des zuständigen Ministeriums definiert die RATEL-Anordnung nur die technischen Voraussetzungen, die der Polizei den Zugriff auf elektronische Post ermöglichen, wenn es einen entsprechenden richterlichen Befehl gibt. (Daniel AJ Sokolov) / (hos/c't)
Quelle: Heise.de