Genau das ist „The Texas Chainsaw Massacre“ aber nicht. Den Grundstein des Splatter- und Hardcore-Horrors, der später in Gestalt von messerschwingenden Maskenträgern, eingeweidefressenden Zombies und Kannibalen über die Leinwände fegen sollte, legte nicht Tobe Hooper, sondern vielmehr George A. Romero 1968 mit Die Nacht der lebenden Toten, und seine Verkörperung wurde erst 1979 Zombie - Dawn Of The Dead.
Anerkennung oder gar Verehrung verdient Hoopers Schlachteplatte von 1974 hingegen keine Sekunde. Sein Film ist ein rohes, primitives, banales und ordinäres Machwerk, dem nicht einmal ansatzweise die filmhistorische Qualität zukommt, die ihm noch heute manche Kritiker zuschreiben. Alles daran ist billig, oberflächlich und geklaut. Als „ekelhaften Kotzbrocken“ haben Ronald M. Hahn und Volker Jansen den Streifen in ihrem „Lexikon des Horror-Films“ bezeichnet. Die Geschichte von vier Jugendlichen, die in einer abgelegenen Gegend von Texas in die Hände einer Clique äußerlich ebenso wie geistig deformierter Irrer geraten und nacheinander abgeschlachtet werden, ist ebenso simpel wie perfide, und hat doch eine unüberschaubare Zahl von Nachahmern beeinflusst. Dabei ist die Idee noch nicht einmal neu, sondern war zwei Jahre zuvor bereits um ein vielfaches spannender und anspruchsvoller von John Boorman in seinen großartigen „Beim Sterben ist jeder der Erste“ erzählt worden.
Welche Eigenschaften konnten ausgerechnet eine solch primitive, sadistische, zugleich aber unfassbar billig produzierte und erbärmlich schlecht geschauspielerte Schlächterorgie zum Faszinosum und zum Kultfilm avancieren lassen?
Als der Film 1974 in die Kinos kam, wurde wie 25 Jahre später bei Blair Witch Project die Legende ausgestreut, die Geschichte beruhe auf einem wahren Fall. So hartnäckig hielt sich das Gerücht, dass noch 1984 der Filmwissenschaftler Rolf Giesen in seinem bei Ullstein erschienenen „Lexikon des Phantastischen Films“ von einer Schlachterfirma in Wisconsin fabulierte, die angeblich 20 Jahre vor Tobe Hoopers Film Touristen verhackstückt und deren Haut zu Leder verarbeitet habe. Ein blühender Nonsens! Wahr ist vielmehr der Fall des 1957 in Wisconsin verhafteten Farmers Ed Gein, der tatsächlich Menschen umbrachte und ihre Überreste sammelte. Seine Verbrechen beeinflussten vor allem Robert Blochs Psycho, der 1959 erschien und 1960 von Alfred Hitchcock verfilmt wurde, und Thomas Harris Das Schweigen der Lämmer (1989), der 1991 von Jonathan Demme verfilmt wurde.
Der wahre Ed Gein verbrachte den Rest seines Lebens in der Psychiatrie und starb 1984 an Krebs. Eine Kettensäge kam indes bei dem realen Vorbild von „The Texas Chainsaw Massacre“ nie zum Einsatz. Tobe Hooper soll nach Angaben eines jüngeren Interviews auf die Idee dazu gekommen sein, als er in einem amerikanischen Großstadt-Kaufhaus, völlig frustriert über dessen Überfüllung, in die Werkzeugabteilung geriet.
Hoopers „Kettensägenmassaker“, der in Deutschland unter dem Titel „Blutgericht in Texas“ in die Kinos kam, war mit den selbst für die Verhältnisse von 1974 unglaublich geringen Produktionskosten von 155.000 Dollar eine konsequente Billigproduktion. Das Geld war so knapp bemessen, dass es für den Leatherface-Darsteller Gunnar Hansen nur ein einziges T-Shirt gab, das auch noch gefärbt war und deswegen nicht gewaschen werden durfte. Dieser Billig-Stil wurde zu einem der Markenzeichen, die den Kultstatus des Films ausmachen. Als sich Produzent Michael Bay und der deutsche Videoclip-Regisseur Marcus Nispel anno 2003 an eine poppig-bunte Neuverfilmung des Hooper-Werks (Texas Chainsaw Massacre) machten, imitierten sie konsequent dessen grobkörnige Bildqualität.
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