Quelle: transfermarkt.de
Merk-würdiger Abpfiff: Top-Referee leitet 50. und letztes Länderspiel
Vor drei Jahren schloss der Zahnarzt Dr. Markus Merk seine Praxis. Er wollte nicht mehr von der Hand in den Mund leben. Er wollte Freiräume, Freiheit und Freizeit für neue Projekte haben und als Weltbürger Gutes tun. Am Samstag geht für den Weltklasse-Schiedsrichter ein weiteres Merk-würdiges Kapitel zu Ende:
In Oslo pfeift der «Bub vom Betzenberg» die EM-Partie Norwegen gegen Türkei - sein 50. und wohl letztes A-Länderspiel. Da staunt Merk, der schon alles erlebt hat, über sich selbst. «Für einen Schiedsrichter ist das eine utopische Zahl. Umgerechnet wären das 150 Länderspiele für einen Fußballer», sagt der 45 Jahre alte FIFA-Referee, ein Kind und heute der bekannteste Mann seiner Heimatstadt Kaiserslautern.
Selbst für einen durchtrainierten «Leistungssportler» wie Merk, der ein Fußballspiel von der körperlichen Belastung her mit einem Halb-Marathon (21,1 Kilometer) vergleicht, ist Ende des Jahres international Schluss. Das will der Weltverband FIFA so, aber in der Bundesliga kann Deutschlands weltbekannter Exportschlager noch anderthalb Jahre lang Anpfiffe verteilen. Tosenden Beifall bekommt Merk dafür in der Arena kaum - am Mittwochabend gab es wieder so eine seltene Sternstunde: Vor der regionalen Wirtschaft in Norderstedt (Schleswig-Holstein), nördlich von Hamburg, referierte er über sein Lieblingsthema «Sicher entscheiden». Ein Merk-Spruch fürs Leben.
Die Bühne gehört Merk. Der Mann ist eloquent und emotional. So fasziniert er den ganzen Saal. Mit Armen und Beinen «illustriert» er seinen Vortrag. Er spricht aus dem Stegreif, frei von der Leber weg.
Merk ist eben ein Profi, auch wenn es Profi-Schiedsrichter in Deutschland (noch) nicht gibt. «1988 kam ich in die Bundesliga, da gab es 72 Mark für ein Spiel», erinnert sich der Pfälzer, der einen guten Schoppen Wein schätzt. Aber nur in der «dritten Halbzeit». Als er damals mit 26 Jahren in die Bundesliga kam, war das schlichtweg eine Sensation. Nicht nur wegen seines Alters. «Da war ich als guter Läufer und ohne Bauchmuskelansatz die Ausnahme.» Heute seien seine Kollegen allesamt fit und durchtrainiert, weiß Ausdauersportler Merk.
Über 320 Bundesliga-Partien hat er bis heute geleitet, darunter viele denk- und Merk-würdige. Sein erstes A-Länderspiel pfiff der zweimalige «Weltschiedsrichter» (2004 und 2005) im Frühjahr 1992 (Schweiz - Belgien), 48 folgten in knapp 20 Jahren. Höhepunkt war das EM-Finale 2004 zwischen Griechenland und Portugal. Druck empfindet «Top-Entscheider» Merk nicht als «Stress, sondern als Motivation».
Einen schwachen Tag könne er sich erlauben, «aber beim zweiten Schnitzer, dann gehen die Lichter schnell aus. Dann bist du der Buh- Mann.» Merk war mit Fritz Walter befreundet, ein großes Vorbild ist die US-Leichtathletin Wilma Rudolph, und er schwört auf die fünf «Basiswerte» Begeisterung, Motivation, Mut, Verantwortung und Wille.
1991 begann der junge Schiedsrichter und promovierte Mediziner als Zahnarzt in Südindien zu arbeiten. 1993 startete er sein erstes eigenes Entwicklungs-Projekt - inzwischen sind es vier: Kinderdörfer mit drei Schulen, Waisenhäuser und ein Altenheim. Wichtig war ihm auch immer seine Familie, Ehefrau Birgit und Sohn Benedikt.
Stillstand kennt «Leistungssportler» Merk nicht: «Ich werde mir noch ein paar Wünsche erfüllen und ein paar hohe Berge besteigen.»