Quelle: sport.rtl.de
Illegale Wetten, Dopingvorwürfe und die nebulösen Enthüllungen eines anonymen deutschen Topspielers sorgen vor den Saisonfinals im Welttennis für Zündstoff.
Der namentlich nicht bekannte Profi behauptet laut WDR, dass auch hierzulande Tennisprofis in dem vom Russen Nikolai Dawidenko ausgelösten möglichen Wettskandal verwickelt seien. In einem Beitrag der Sendung 'sport inside', als Kurzfassung in der ARD-Sportschau, erklärte der geheimnisvolle Zeuge unter anderem, von einem Landsmann während eines Turniers gebeten worden zu sein, für ihn als Strohmann zu fungieren und eine fünfstellige Summe auf dessen Spiel zu setzen.
Der Insider berichtet laut WDR von verbotenen Wetten in der 'Players Lounge' und benennt ein internationales Match, von dem in der Szene bekannt sei, dass es manipuliert wurde, und bei dem hohe Einsätze bei Wettbüros aus dem Umfeld der Spieler gesetzt wurden. Spiele würden abgesprochen, Aufschlagspiele absichtlich verloren. Selbst bei Grand Slam Turnieren gebe es bewusste Niederlagen.
Eine Woche vor der Weltmeisterschaft vom 11. bis 18. November in Shanghai tut sich zudem eine Kluft auf zwischen der ATP und den von der Spielerorganisation zu vertretenden Protagonisten des Weißen Sports. 'Ich habe nicht das Gefühl, dass ATP-Präsident Etienne de Villiers viel für uns Spieler tun will. Ich glaube nicht, dass die ATP noch die Interessen der Spieler vertritt', sagte Nikolai Dawidenko, gegen den im Zusammenhang mit illegalen Wetten seit gut einem Vierteljahr ermittelt wird.
Titelverteidiger Dawidenko hatte im polnischen Sopot gegen den argentinischen Tennis-Nobody Martin Vassallo Arguello im dritten Satz wegen einer Verletzung aufgegeben. Weil Unbekannte während des Matches hohe Beträge auf den Außenseiter gesetzt hatten, geriet Dawidenko in den Geruch der Manipulation. 'Ich wäre sehr dumm, wenn ich mich auf solche Betrügereien einließe', beteuerte der 26-Jährige in einem Interview mit dem Magazin 'Focus' nochmals seine Unschuld. 'Ich hatte einen Ermüdungsbruch im Zeh. Das ist schon einen Tag später von einer Kölner Klinik diagnostiziert worden. Das Untersuchungsergebnis liegt der ATP vor.'
Von der ATP fühlt sich Dawidenko schlecht beraten. 'Die ATP hatte mir geraten, möglichst wenig zu sagen. Daran habe ich mich lange gehalten. Doch damit ist Schluss. Vielleicht kommt so Bewegung in die Sache.' Inzwischen haben einige seiner Kollegen mehr oder minder nebulös von Kontakten zu möglichen Wettbetrügern erzählt. 'Bis Sopot hat keiner über solche Erfahrungen berichtet', wundert sich Dawidenko. 'Plötzlich scheinen viele genau Bescheid zu wissen.'
Auch im Prozess des Deutschen Tennis Bundes (DTB), der wegen der Streichung des Rothenbaum-Turniers als Masters-Veranstaltung vor Gericht gezogen ist, agiert die ATP selbstherrlich. Obwohl die US-Richter noch immer kein Urteil gefällt haben, hat de Villiers bereits Anfang September das Aus für den Rothenbaum verkündet. Im vorläufigen Plan für 2009 taucht das Hamburger Traditionsturnier nicht mehr auf.
Dabei haben sich viele Spieler - angeführt von Branchenprimus Roger Federer - immer wieder für den Erhalt des Rothenbaum-Turniers stark gemacht. 'Er will mehr Turniere nach Amerika verlagern, die meisten Aktiven aber wollen in Europa bleiben', sagte Dawidenko. Doch de Villiers verfolgt seine Ziele unbeeindruckt. Auch den Flop mit den von ihm eingeführten Gruppenspielen hat der frühere Disney-Manager offenbar schadlos überstanden. Dabei hatte ihm Federer im dpa-Gespräch noch den Fehde-Handschuh hingeworfen, als er meinte: 'Ich bin froh, dass er sich damit die Finger verbrannt hat.'
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